Ich (im Versuch, offen und interessiert zu wirken, um die innere Kritikerin nicht gleich zu provozieren): „Warum machst du das eigentlich immer, mich kritisieren und so?“
Innere Kritikerin (verwundert): „Na, ich mache das, damit es dir gut geht.“
Ich (aufgebracht): „Aber mir geht es gar nicht gut dabei! Es stresst mich und ich denke dann, ich bin zu nichts nütze!“ (fängt sich wieder) „Also wenn es mir doch eigentlich nicht gut geht dabei und du willst, dass es mir gut geht – warum machst du dann trotzdem weiter?“
Innere Kritikerin (etwas betroffen wirkend und auch etwas kleinlaut gegen Ende des Satzes): „Ja, aber wir wollen doch weiterleben…“
Ich: „Du denkst, dass wir sterben würden, wenn du mit dem Kritisieren nicht weiter machst (jetzt offen erstaunt und auch betroffen)?“
Innere Kritikerin (jetzt sehr kleinlaut und auch optisch kleiner geworden): „Ja!“
Ich (mitfühlend): „Und davor hast du Angst….“
Innere Kritikerin (schrumpft weiter, Stimme wird höher): „Ja, total! Du nicht?“
Ich (besänftigend): „Ja, natürlich hätte ich davor auch Angst.“ (dann kraftvoller und irgendwie mütterlich) „Aber schau mal – schau mich mal wirklich an – ich bin jetzt erwachsen. Ich kann auf uns aufpassen. Wir sterben jetzt nicht. Ich sorge dafür, dass uns das nicht passiert.“
Innere Kritikerin (ist jetzt auf die Größe eines etwa 4-jährigen Kindes zusammengeschrumpft, verwundert): „Echt? Das kannst du? Das ist ja toll!“ (voller Bewunderung und Vertrauen)
Ich (in meiner vollen inneren Größe und Überzeugung): „Ja, mein Liebes, das kann ich!“
[Längere Pause. Ich habe Tränen in den Augen, als mir die Bedeutung dieser kurzen (natürlich stummen) inneren Unterhaltung deutlich wird….]
Innere Kritikerin: Schweigt, schlenkert mit den Beinen. Sie wirkt, als sei sie in Gedanken schon woanders (wie Kinder so sind).
Ich: „Sag mal, magst du nicht ein bisschen spielen gehen?“
Die innere Kritikerin nickt, rutscht vom Stuhl und hüpft davon…
Anmerkung:
Die systemische Therapie geht von dem Grundgedanken aus, dass wir Menschen alle miteinander (und spirituell gesehen sogar darüber hinaus mit allem Belebten und Unbelebten) im Kosmos verbunden sind.
Wir entwickeln uns anhand der Systeme (zum Beispiel unserer Familie), in denen wir leben.
Ist ein System ge-stört oder ver-stört (hat zum Beispiel ein Vater eine Alkoholerkrankung), dann können wir uns als Kind auch nicht „normal“ weiterentwickeln, weil wir als Teil des Systems eben dann auch ge-stört werden.
IFS – Inneres Familien System
Das „Konzept der Inneren Familie“ (IFS) ist eine Therapiemethode in der systemischen Therapie. Sie geht davon aus, dass jeder Mensch in sich verschiedenen Anteile hat, die alle ihre Berechtigung und ihre Stimme haben – ähnlich wie in einer WG oder einer Hausgemeinschaft.
Die Therapiemethode wurde von dem amerikanischen systemischen Therapeuten Richard Schwarz (hier ein Link zu seinem Profil bei dem Verlag, der seine Bücher auf deutsch verlegt) entwickelt.
Ganz wunderbar hat hierzu die Münchner IFS-Therapeutin Heike Meyer (der Link öffnet ihre Webseite), auf ein Buch geschrieben, es heißt „Ich steh mir selbst nicht mehr im Weg“ und ich kann es sehr empfehlen.
Ich lese gerade auch das Buch und experimentiere mit den Ideen darin.
In diesem Zusammenhang entstand der obere Dialog.
Was bedeutet das für dich, meine Leserin?
Wenn du also innere Stimmen hörst: Das ist völlig normal!! :-D
Es sind deine Anteile – die Mitglieder deiner inneren WG – die sich darüber unterhalten, streiten, einigen, abstimmen, diskutieren, was für euch alle das Beste ist.
Je nachdem, um welchen inneren Anteil es sich handelt, können sie sehr unterschiedliche Ziele verfolgen!
Ich selbst habe daher oft den Eindruck, dass in meinem Kopf ein wahres Wespennest ist. Das surrt und schwirrt durcheinander, weil jede/r denkt er/sie hätte recht und müsse besonders laut gehört werden.
Wenn es dir auch so geht und du Hilfe beim Entwirren brauchst, dann wende dich gerne an mich.
Hier gehts zur Psychologischen Beratung und hier gehts zu Kontakt.
